"diese seite ermöglicht es mir meinen gedanken freien lauf zu lassen und meine pläne rund um den jakobsweg preis zu geben. den einen wird es interessieren, den anderen nicht. so soll es sein. aber meine freunde haben so die möglichkeit meinen weg mitzuverfolgen, der bereits begonnen hat. ihr seid herzlich willkommen den weg mit mir gemeinsam zu gehen. meine gedanken zu lesen und meinen träumen beizuwohnen."

16. Oktober 2011

santiago, finisterre und gefundene antworten...

 

nebel liegt in der luft
ina und mein plan santiago bei aufgehender sonne zu erreichen war gut. nur leider scheiterten wir an der ausführung, weil ausgerechnet an diesem tag eine dicke nebeldecke über der stadt hing. wir machten uns also frühmorgens auf den weg über monte de gozo. dieser letzte weg hatte eine ganz eigene stimmung. alles war eingehüllt und fast schon gruselig. schweigend und ein wenig enttäuscht kamen wir zum schild "santiago". und da das nicht alles gewesen sein konnte und wir unbedingt die zeit noch etwas rauszögern wollten...vielleicht lässt sich die sonne ja doch noch blicken...machten wir es uns einmal in einem cafe gemütlich und frühstückten. heiße, dickflüssige schokolade mit chorizos, diese kalorien hab ich gebraucht. in mir machte sich immer mehr ein komisches gefühl breit. ich wollte ganz und gar nicht ankommen und es schien mir, dass der nebel genau aus diesem grund über der stadt hing.
es half nichts, wir mussten weiter...wir konnten nicht ewig in diesem cafe bleiben. wir suchten die letzten muschelsymbole und die letzten gelben pfeile und dann standen wir da. auf diesem riesen wunderschönen platz vor einer kathedrale, die einfach überwältigend war...eigentlich. ich mußte mich erstmal setzen und sackte nieder, rucksack weg und...und...und das war es also?!

dieser platz hatte irgendetwas magisches. immer mehr pilger kamen an, knieten nieder, legten sich auf den boden, fielen sich in die arme oder fingen an zu weinen....und langsam löste sich auch in mir etwas.
ich hatte es geschafft und die eigentliche erfüllung fand ich nicht beim anblick der kathedrale oder beim erreichen des ziels santiago...sondern genau diese gefühle, diese menschen, diese stimmung die ich hier auf diesem platz erleben und spüren durfte, das war mein persönliches ziel, meine belohnung für die ganzen strapazen und die entbehrungen. 

santiago's kathedrale
ich hatte mich mit fragen auf den weg gemacht und bekam fast alle antworten bereits in den ersten wochen meines weges, aber die letzte, die bekam ich genau an diesem platz. und ich war einfach nur glücklich. glücklich aber auch traurig zugleich. ich wußte, dass es langsam aber sicher vorbei ist. meine reise hat ein ende. ich blieb noch zwei tage in santiago und machte mich dann auf den weg nach finisterre. allein und mit dem bus. eigentlich wollte ich anfangs nicht, weil ich mir vorgenommen hatte diese reise nach finisterre an einem anderen zeitpunkt in meinem leben zu machen und so meine reise jetzt noch nicht ganz abzuschließen. aber irgendwas in mir zog mich dann doch dahin.
 
und so fuhr ich "ans ende der welt". und es war einfach unbeschreiblich wunderschön, endlich meer!!!! eine felsenlandschaft und sandstrände. ich habe am wasser gepicknickt und dann ging es rauf zum leuchtturm und ich holte mir meinen letzten stempel. ich suchte mir ein gemütliches plätzchen und verbrannte in den felsen mein t-shirt und meine hose, die ich 5 wochen fast täglich anhatte. wolken lagen in der luft und dadurch wurde ich zuschauer eines spektakulären sonnenuntergangs. während des weges hab ich so viele sonnenauf- und untergänge sehen dürfen, aber der toppte einfach alles. es fühlte sich für mich wie ein großer abschied an, den ich hier vom camino nahm.
   
das ende der welt

das war es also nun...
am nächsten tag fuhr ich wieder zurück nach santiago und flog nach hause, zurück nach wien. 
übrigens habe ich einen tag zuvor christian und petra, das paar aus den ersten wochen meiner reise endlich wieder getroffen. knapp hätten wir uns versäumt und die freude war einfach riesengroß. lediglich nur ca. 10km trennten uns den ganzen restlichen weg und immer wieder bekamen sie von mir erzählt von leuten, die mich getroffen hatten und dann schneller geworden sind. ohne handy oder anderer kommunikation hab ich in santiago alle jene wieder getroffen von denen ich mich noch verabschieden wollte...dieser weg hat mich gelehrt, dass einfach alles in unserem leben eine gewisse bestimmung bzw. bedeutung hat und wenn "es" sein soll, dann wird es sich ergeben und sein und wenn nicht, dann wird es einen grund dafür geben...manche dinge lassen sich einfach nicht ändern oder planen!!!  ;)

2. Oktober 2011

am ende unseres weges stehen die antworten...

das ziel quasi in reichweite, nur noch ca. 39 km bis santiago.
morgen noch eine 30er etappe und dann machen wir vor einem kleinen huegel noch einmal halt um santiago im sonnenaufgang entgegen gehen zu koennen. so schnell bin ich jetzt auf einmal da...einfach unglaublich. ich habe an die 800km zurueckgelegt...

heute habe ich zum abschluss doch noch eine blase bekommen, meine vierte. ich hab einfach verdammt viel glueck gehabt und ich werde mit grosser dankbarkeit einlaufen in santiago und in der kirche meine letzten beiden kerzen anzuenden.

ich werde euch wieder schreiben, wenn ich wieder daheim gelandet bin. ich moechte die letzten tage auf mich wirken lassen und meinen camino fuer mich zu einem ende bringen....

auf ein letztes mal...buen camino!

29. September 2011

grenzen, essen und sehnsuechte...

hola an euch und auch mal ein hola an alle, die hier stillschweigend lesen und auf der ganzen welt daheim sind...wie ich erfreut feststellen durfte!

bis jetzt hab ich ja nur positiv berichten koennen von meinem jakobsweg. aber gestern kam alles ein wenig anders. ich bin die letzten tage mit christian (muenchen), ina (frankfurt), erna und francisca (suedafrika) gelaufen. die abende waren immer lustig und wir waren wirklich ein spitzen team! wir uebernachteten am dienstag in der gemeindeherberge in villafranca. die herberge war etwas schmuddelig und haette und das bild haette uns gleich zu denken geben sollen. aber wir waren hundemuede und zu faul nach einer anderen unterkunft zu suchen. der ort ist sehr lieblich und liegt in den bergen. und zur belohnung des tages gab es sogar pizza zum abendessen. das essen hier ist meist immer wieder das gleiche. es gibt pilgermenues fuer wenig geld und die inkludieren meist salat oder pasta als vorspeise, abgebratenes fleisch oder fisch mit salat oder kartoffeln als hauptspeise und einen pudding, eis oder wenn ich glueck habe leckeren milchreis als nachspeise. klingt jetzt super, aber nach mehreren wochen schmeckt einfach alles gleich. und egal mit welcher nationalitaet ich waehrend meines weges ins plaudern kam....wir koennen stunden ueber essen reden, was wir uns wuenschen wuerden oder was die jeweilige spezialitaet des landes ist.

gut also am dienstag gab es eben pizza und sie war sehr lecker!! und lag mir auch dementsprechend im magen. durch das viele gehen lernt man schnell seinen koerper sehr gut kennen und weiss was man essen sollte und was besser nicht. anschliessend gab es noch eine flasche wein, weil wir uns von christian verabschieden wollten, sein bein war zu geschwollen und er wollte einen tag aussetzen. um halb elf lag ich endlich im bett (normalerweise ist um zehn bettruhe, hier war es eine ausnahme) und ich schlief relativ bald ein obwohl mein magen ziemlich am arbeiten war.....und deshalb wachte ich um ein uhr auch schon wieder auf. und begann mit meiner kleinen stirnlampe mein bett abzuleuchten, weil mir langweilig war. die freundliche herbergsdame gab uns naemlich ein bettlaken aus duennem stoff zum ueberziehen von kopfpolster und matratze. das macht man eigentlich um einen befall von bettwanzen zu vermeiden....tja pech, wenn die herberge nur komplett verseucht ist. dann bewahren einem diese laken zumindest davor gebissen zu werden, oder zumindest teilweise. ich stelle also fest dass irgendetwas zwischen bettlaken und matratze war und an schlafen war nicht mehr zu denken. ich beschloss die herberge zu verlassen bevor ich diese lieben tiere naeher kennenlernen durfte. ina war mittlerweile wach und erna und francisca wenig spaeter. sie beschlossen mich zu begleiten und gut war es, weil uns ein spanier berichtet hatte noch mehr von den lieben tieren an einer wand gesehen zu haben. also machten wir fuenf (christian wachte dann doch noch auf) uns letztendlich um drei uhr in der nacht nach nur 2 1/2 h schlaf auf unseren weg.
ich lernte, dass ich auch schlafend gehen kann und wir gingen an der strasse ca. 7 oder 9 km weiter, bis wir zu einem rastplatz mit steinbaenken gelangten. dort schliefen wir mal bis halb sieben, es war sooo kalt. dann ging es ab in die beste bar die wir finden konnten und bekamen den besten cafe con leche und frisch gebackene croissants und zu alle dem servierte uns das "santiago", der barbesitzer....was fuer ein zeichen ;)

ina und ich gingen dann noch mehr als 30km an diesem tag und nahmen uns ein privates zimmer. wir durchsuchten all unsere sachen, aber wir konnten bis jetzt keine tierchen finden und wurden auch nicht gebissen. es war gut so uebereilt die herberge zu verlassen und ich bin ab sofort auch viel vorsichtiger mit der wahl meines bettes geworden. wir schliefen die darauffolgende nacht so wunderbar...gleich 11h am stueck durch!
mittwoch war also absolut nicht mein tag, nach der kurzen nacht war das gehen ziemlich anstrengend noch dazu hatten wir eines der schwersten stuecke vor uns und durch die nachtaktion mussten wir den camino duro leider ausfallen lassen, weil es neumond gab und im dunklen der steile weg einfach zu gefaehrlich gewesen waere. aja und hatte ich schon erwaehnt dass es auch mein erster und bis jetzt einziger regentag war? ich gelangte koerperlich aber auch geistig einfach absolut an meine grenzen!! wenn ich nicht so einen grossen dickschaedel haette, haette ich an genau dieser stelle abgebrochen. ich kann mit vielen leben, aber nicht mit zu wenig schlaf und schon gar nicht mit diversen viehzeug....dazu bin ich zu sehr hygienejunkie!!!

es war gut nicht aufgegeben zu haben, wir wurden heute mit einer traumhaften aussicht ueber die berge am hoechsten punkt unseres camino in o´cebreiro belohnt. der weg seit leon ist einfach atemberaubend und wunderschoen und ich werde trotz allem ganz traurig, wenn ich dran denke dass es nur noch wenige tage sind....ich denke ein teil von mir wird auf dem camino zurueck bleiben...denn auch solche erfahrungen wollte ich machen und nicht an jedem tag scheint die sonne und es ist alles eitle wonne, nicht mal hier am jakobsweg!

26. September 2011

auf der alm bin ich daheim....

soooooo schoen war das heutige stueck. es ging endlich in die berge. ich hab mich wie auf der alm gefuehlt, neben mir sind kuehe vorbei gelaufen und der ausblick war einfach unglaublich!!!
es ging am cruz de ferro vorbei. das ist ein grosses kreuz in mitten eines steinhaufens. jeder pilger legt hier einen stein von daheim ab und er steht fuer eine last oder ein erlebnis oder eine person mit der man abschliesst und sozusagen hinter sich lassen moechte. es war ein bewegender moment fuer viele und einige traenen sind geflossen. auch ich habe hier eine kleine rose und ein erinnerungsstueck von zu hause abgelegt. und lasse hiermit einen teil meiner vergangenheit, auf dem camino zurueck.

ich treffe hier immer noch fast taeglich auf ganz tolle leute mit ganz tollen und persoenlichen wie traurigen lebensgeschichten. es ist wirklich einzigartig wie offen hier alle sind.

gestern durfte ich in rabanal del camino in einer kleinen zerfallenen kirche dem choral von benediktinermoenchen lauschen....das war einfach wunderschoen.

ihr seht ich weiss im moment nicht was ich zuerst schreiben soll und allein diese paar saetze sind nur gefuellt mit dingen, die ich die letzten beiden tage erlebt habe. ich bin froh, dass ich ein kleines tagebuch mit mir fuehre in dass ich jeden tag versuche all erlebtes rein zu schreiben...ich will vieles nicht vergessen.
so viele augenblicke so viele erlebnisse, so viele leute, so viele geschichten....

und nebenbei tickt meine uhr. die wochen sind sooo schnell vergangen. gestern vor drei wochen bin ich erst in bilbao gelandet und am freitag in einer woche fliege ich bereits heim. mit einem lachenden und einem weinenden auge.